Migration und Wohnungsbau. Lebensgeschichten aus Stuttgart-Rot

(Pressetext des IdGL)

Eine Ausstellung des Hauses der Heimat des Landes Baden-Württemberg und des Instituts für donauschwäbische Geschichte und Landeskunde

01. Juni - 26. Oktober 2023
Haus der Heimat des Landes Baden-Württemberg, Stuttgart

Öffnungszeiten der Ausstellung im Haus der Heimat, 4.OG
Mo, Di, Do: 9.00 - 15.30 Uhr
Mi: 9.00 - 18.00 Uhr

2022 nahm Deutschland über eine Million Geflüchtete auf. Zuwanderung prägte die Geschichte der Bundesrepublik von Beginn an. In Nachkriegsdeutschland lebten rund 12,5 Millionen deutsche Flüchtlinge und Vertriebene. Knapper Wohnraum stellte die Stadtgesellschaften damals vor drängende Herausforderungen. Migration und Wohnungsbau waren und sind eng miteinander verbunden, wie das Beispiel Stuttgart-Rot zeigt.
 
Im November 1948 gründeten donauschwäbische Flüchtlinge im Lager Schlotwiese (Stuttgart-Zuffenhausen) die Baugenossenschaft Neues Heim. Bereits wenige Monate später eröffnete der Spatenstich zum ersten Wohnblock eine von der Stadt koordinierte Großbaustelle im Stuttgarter Norden. In atemberaubendem Tempo wuchs dort die Siedlung Rot. Anfang der 1960er-Jahre wohnten schon 17.000 Menschen im neuen Stadtteil, im Krieg wohnungslos gewordene Stuttgarter ebenso wie Flüchtlinge, Vertriebene und aus der DDR Geflohene. Mit der Zeit folgten weitere Zuwanderergruppen wie Arbeitsmigranten, Bürgerkriegsflüchtlinge und Asylsuchende. Bis heute ist Stuttgart-Rot von genossenschaftlichem Wohnen mit relativ günstigen Mieten geprägt.

Die Ausstellung skizziert anhand von Bauzeichnungen, Filmausschnitten und Erinnerungsstücken den historischen Hintergrund der Siedlung. Ihr Fokus liegt auf der Gegenwart: Bewohnerinnen und Bewohner unterschiedlicher Generationen erzählen ihre Lebensgeschichten, berichten von ihren Erfahrungen in und mit Stuttgart-Rot. Ihre Interviews und Porträts stehen für den Stadtteil, seine bewegte Geschichte und Entwicklung. Für 2024 plant die Genossenschaft den Abriss ihrer ältesten Gebäude, um sie im Rahmen eines IBA‘27-Projekts durch neue Wohnungen zu ersetzen. Die Frage nach gutem und gleichzeitig bezahlbarem Wohnraum rückt einmal mehr in den Blick.

Ausstellungseröffnung
Donnerstag, 1. Juni 2023, 18:00 Uhr, Großer Saal EG

  • Begrüßung: Dr. Christine Absmeier, Leiterin des HdH BW; Prof. Dr. Reinhard Johler, Leiter des Instituts für donauschwäbische Geschichte und Landeskunde (IdGL)
  • Einführung in die Ausstellung durch die Kuratoren Dr. habil. Mathias Beer (IdGL) und Rainer Bobon (HdH BW)
  • Musik: Daniel Kartmann (Vibrafon, Zymbal)
  • Im Anschluss Stehempfang

Begleitveranstaltungen

Vom Lager zur neuen Siedlung. Planung und Architektur in Stuttgart-Rot nach 1945
Vortrag von Dr. habil. Mathias Beer, IdGL
In einem Flüchtlingswohnlager in Stuttgart-Zuffenhausen gegründet, errichtete die Baugenossenschaft Neues Heim 1949 im Rotweg den ersten Wohnblock. Er wurde zur Keimzelle der neuen Siedlung Stuttgart-Rot mit bald 17.000 Einwohnern – ein außergewöhnliches bevölkerungspolitisches und architektonisches Experiment.
Im Rahmen des IBA‘27-Festivals.
Donnerstag, 6. Juli 2023, 18:00 Uhr, HdH BW Großer Saal EG

Historischer Stadtspaziergang durch Stuttgart-Rot
Mit Rainer Bobon und Dr. habil. Mathias Beer
Stuttgart-Rot war und ist noch immer ein Experimentierfeld für modernes Wohnen – ob in eilig errichteten Zeilenbauten, aufsehenerregenden Hochhäusern wie «Romeo und Julia» oder, ganz aktuell, «Clusterwohnungen». Das Konzept der «Stadtlandschaft» prägt die Anlage der Siedlung, deren lange vermisstes Zentrum heute der Hans-Scharoun-Platz bilden soll. Der Stadtspaziergang wirft sozial- und baugeschichtliche Schlaglichter auf die Gründungsphase und die Entwicklung des Stadtteils.
Im Rahmen des IBA‘27-Festivals.
Samstag, 8. Juli 2023, 14:00 Uhr; Treffpunkt: Laborbühne im Quartier am Rotweg, Fleiner Str. 9-11, 70437 Stuttgart

WohnOrte Stuttgart: Heimat in neuen Siedlungen – Erbe, Gegenwart, Zukunft
Vortrag von Prof. Dr.-Ing. Christina Simon-Philipp, Architektin und Stadtplanerin, HFT Stuttgart
Rot, Giebel, Fasanenhof: Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden in Stuttgart große Siedlungen an den Rändern der Stadt gebaut, um die Wohnungsnot zu lindern. Zahlreiche Menschen, darunter Kriegsheimkehrer, Flüchtlinge und Heimatvertriebene fanden eine neue Heimat. Der Vortrag gibt einen Überblick über die Siedlungs- und Wohnungsbautätigkeit dieser Zeit. Er reflektiert die stadtplanerischen Strategien des gemeinwohlorientierten Wohnungsbaus im gesellschaftlichen und politischen Kontext der Zeit und zeigt neue Entwicklungen auf.
Dienstag, 19. September 2023, 18:00 Uhr, HdH BW Großer Saal EG

Migration und Wohnungsbau 1948 und 2023 – Herausforderungen und Potenziale
Podiumsgespräch
Zuwanderung ist in Deutschland eine Triebfeder für den Wohnungsbau – nicht nur heute, sondern bereits seit der Nachkriegszeit. Die Wohnverhältnisse wiederum prägen den einzelnen Menschen ebenso wie das soziale Miteinander. Welche Vergleiche lassen sich zwischen den sozialen und städtebaulichen Herausforderungen von 1948 und 2023 ziehen? Wie beeinflusst Migration den Wohnungsbau und wie wird diese Beziehung diskutiert? Welche Bau- und Wohnkonzepte erleichtern das Ankommen und versprechen gesellschaftlichen Zusammenhalt? Darüber diskutieren Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Politik und Verwaltung.
Moderation: Rainer Bobon, HdH BW
Dienstag, 17. Oktober 2023, 18:00 Uhr, HdH BW Großer Saal EG

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